Geteilte Gedanken

Wo ist mein Platz? - Juni 2021

Manchmal bahnen sich Gedanken einen Weg an die Oberfläche, ob es in der Welt, in der Gesellschaft oder - noch spezifischer - im Arbeitskontext einen Platz für einen Menschen geben kann, den manche als wenig nervenstark, als unzuverlässig oder gar als schwach beschreiben würden.
Dieser Mensch weiß um die Urteile, die Andere über ihn fällen. Die Angst, nicht zu genügen, sucht ihn regelmäßig heim.
Viele Jahre schon hat er sich mit seinem Inneren beschäftigt; mit seinen Schwierigkeiten, den Funktionalitätsaspekten des gesellschaftlichen Lebens gerecht zu werden.
Er hat im Zuge der Arbeit mit seinem Inneren gelernt, zu verstehen, warum er auf manche Dinge stärker reagiert als andere Menschen. Warum er in manchen Situationen schneller einen sicheren Ort aufsuchen muss und mehr Zeit benötigt, um wieder leistungsfähig zu sein.
Er kennt sich selbst sehr gut und weiß, wie ihm sein Körper signalisiert, dass nun Vorsicht geboten ist und er weiß auch, was ihm dabei helfen kann, wieder zu Kräften zu kommen und zur Ruhe zurückzufinden.

Wieder einmal fragt nun dieser Mensch: "Schau, ich bin nicht so resilient wie andere Menschen, ich bin schwächer. Wo ist mein Platz in dieser Welt? Kann ich einer Arbeit nachgehen? Kann ich eine Führungsposition übernehmen? Werde ich immer weniger wert sein?"
Als Freund möchte ich antworten: "Du magst etwas weniger resilient sein und manchmal etwas mehr Zeit benötigen, um wieder auf die Beine zu kommen. Es mag Situationen geben, in denen du nicht die starke und kompetente Person sein kannst, die du sonst bist. Aber du besitzt eine Stärke, die vielen fehlt. Du hast einen sehr guten Zugang zu dir selbst. Du weißt, in welchen Momenten du auf dich achten musst; weißt, wie so manche innere Regung einzuordnen ist. Du weißt, was dir in diesen Momenten helfen kann. Vielleicht bist du auch gut darin, bei anderen zu erkennen, was in ihnen vorgeht. Vielleicht kannst du gar deine Fähigkeit der Reflexion und des Blickes nach Innen weitergeben.

Sich selbst gut zu kennen und auf sich achten zu können birgt viel Kraft. Eine Stärke, die selbst im Arbeitsleben relevant wird. Denn der Mensch, der die Signale seines Körpers konstant überhört, der einen schlechten Zugang zu seinem Inneren hat, der mag kurzfristig betrachtet weniger ausfallen; er läuft dafür aber auch eher Gefahr, durch Bluthochdruck, Hörsturz oder gar Burnout in die Knie gezwungen zu werden. Und danach oder damit wieder aufzustehen und aufrecht zu bleiben, fällt oft ungleich schwerer."

Als Freund möchte ich sagen: "Komm zu dir zurück. Sieh deine Stärke; all das, was du bis jetzt überstanden, was du bis jetzt erreicht hast. Du hast einen Platz in dieser Welt. Ich bin sicher, du bist bereits auf deinem Weg, ihn einzunehmen.